16. Mai 2020

Kinder zeigen, wo es langgeht.

ohne belebte Welt kein Du, ohne Du kein Ich, ohne Ich aber Welt
Warum, wieso, weshalb sind wir so abgestumpft? Bringen Vogelstimmen noch was in dir zum Schwingen? Singst du mit? (Wann) verstummt das Summen und Brummen um und in uns? Am Mittwoch ist Weltbienentag. Bienen könnten uns mal wenigstens interessieren, wenn wir Honig löffeln. Aber sie machen, bestäuben viel mehr für uns. Und ihr größter Feind ist sicher nicht der Specht.
Maikäfer sind wieder da. 3-4 Jahre „schlummern“ sie als Engerlinge in der Erde, ernähren sich von Wurzeln, bevor sie ein paar Tage an der Oberfläche leben, fliegen, Blätter fressen, sich paaren und die Weibchen sich wieder tief, wie ein Kleinkind hoch ist, zur Eiablage in die Erde verkriechen.
Die Natur ist nicht nett, umso erfreulicher, wenn wir aufrichtig freundlich sind. Und dafür müssen wir uns nicht mal kennen, da wir doch alle auch eins sind, „aus dem selben Holz geschnitzt“ und wieder zur selben Erde werden.

Kurzsichtig sägen wir am viel zitierten Ast, auf dem wir sitzen. Dabei stiegen wir längst vom Baum der Umsicht und lernten laufen – wer weiß mit wie vielen Fehltritten und in welchem Trott.
Liebe Lesende, euer Blickfeld schränkt sich gerade um einige Grad ein. Ja, ich finde (Vor-)Lesen mittlerweile, nachdem ich es lernen durfte (eher kamen Fragen, war das Interesse geweckt) und nicht mehr musste und Geniales las, genial. Da entstehen aus karg generalisierten Zeichen und Lauten Welten. Das fordert Abstraktionsvermögen und Fantasie und ist sinn-voller als vorgefertigte Bilder, zudem noch bewegte. Ist nicht der spannendste Film das eigene Leben? Samt hoffentlich lange ungewissem Ausgang nach einem Weg möglichst im Wohlbefinden. In der Natur, aus der wir hervorgehen und die wir gleichwohl sind, begegnen wir uns selbst, dem Leben und Sterben. Es anderen recht zu machen, ist unmöglich, uns selbst es recht zu machen, nicht leicht. Für andere da zu sein, ihnen zur Selbsthilfe zu verhelfen, heißt nicht Erwartungen zu erfüllen, sondern gerne beteiligt zu leben.
Wir Menschen haben gelernt, einander zu verletzen, aus Angst und manchmal im Bestreben, es „richtig“ und „gut“ zu machen – und verlieren darüber hinaus unser (Mit-)Fühlen und unsere Verbundenheit zu uns selbst und anderen, zu allem Lebendigen. Das fängt bei einem schützenden Haus an und geht bis zu Abstandsregeln, damit keine älteren Menschen durch ein Virus ersticken und Mediziner überlastet werden. Alles hat Gründe, manchmal Abgründe.
Kanntest du einen Menschen so lange, bis er dir anvertraute, wie er erniedrigt wurde? Und darum froh ist in Deutschland Asyl erhalten zu haben und über den 1. Artikel unseres Grundgesetzes, der auch für Irrende gilt, den nun er anderen, die verachten und über andere lachen (selbst unsicher sind), gegenüber hochhält? Die Sanftmütigen  und Mutigen müssen für alle gewinnen, denn mit den Dummen und Bösen, sofern es die gibt (man muss es ja nicht heraufbeschwören), verlieren alle. „Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten uns einmal schön und mutig zu sehen. Vielleicht ist alles Schreckliche im Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will,“ schrieb vor über 115 Jahren Rainer Maria Rilke in einem Brief.

Wie kann man dieses Abstraktum von Würde, einer Achtung und eines Ermöglichens, praktisch leben? Es bleibt Arbeit und nicht leicht. Und nein, ich gebe nicht auf. Sieh den Frühling und du merkst, dass Leben nicht aufgibt bis es stirbt, was zum Prozess gehört und das ihn beendet, woraus zuvor und danach aber immer wieder neues Leben sprießt, solange ihm die Bedingungen genügen.

mit reduziert ausgewählten Schlösser-Fotos auf der Rückseite
Von Mittwoch bis heute ist WOD – World Orienteering Day. Da fanden wie auch sonst wegen des Virus allerhand Orientierungsangebote virtuell statt.
Am Donnerstag fand eins allerdings auch ganz hautnah erlebbar statt. Und zwar in der auslaufenden Notbetreuung des Dresdner Waldkindergartens, des ältesten Waldkindergartens in Ostdeutschland. Und ja, bevor Kinder Schrift lesen können, verstehen einige, gar bereits mit 3-4 Jahren, Karten, wie herum sie sie halten müssen, wenn die Elbe im Süden und ihr Wald im Norden ist. Vor Buch-staben kann man Bilder (und Spuren) lesen und Dinge in Einklang bringen, Fotos ihren realen Pendants zuordnen, wie es der Schlösser-OL (Link führt zu beiden der zwei Teile) „verlangt“, machen lässt. (Natürliche Strukturen finden, organisieren sich und dafür braucht es Freiräume, die Beton und Mauern nicht liefern.) Wenn man dann sieht, wie die Kinder sich ihrer Erfolge erfreuen und diese Begeisterung sie an- und vorantreibt und sich Geist, Gehirn bildet, dann weiß man, dass OL ein Lernfeld ist, dass alle Lernfelder umfasst. Feld. Wir laufen beim OL eigentlich auch nicht querfeldein, sondern querwaldein und sind vor allem im Wald, in wilderer Natur in unserem Element und spielend, Freude ausstrahlend immer Kind, in welchem jedem stets das Wesen-tliche wiedergeboren wird.

Der Skulptur-OL wurde indessen ausprobiert, auch von Kindern. Mag sein, dass die Stadt-OL-Angebote nicht jeder und jede mag. Sie sollen und können auch keine „echten“ OL ersetzen, aber ergänzen sie und verbinden Bewegung mit Kultur, Erleben mit Wissen – wie es eigentlich alles eh nur verbunden mit und nicht losgelöst von einander vorkommt.
  
Und zum Abschluss noch passend zum Eingangsbild aus dem letzten OL-Sachsenkader-Sommer-Trainingslager die Kletterleistung von Ziegen, die nicht ganz abgestumpft und abgelenkt fasziniert, berührt(!).

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